Menschenfreund und Technikfreak |
Dr. Christian Nitzsche |
Es war Liebe auf den zweiten Blick und jetzt ist die Radiologie seine große Leidenschaft.
Das Klischee von Dunkelkammer und menschenferner Medizin steckte einst im Kopf des jungen Arztes Christian Nitzsche. „Dabei verbringe ich 90 Prozent meiner Arbeit direkt am Patienten“, erzählt der 51-Jährige. Es sind die Begegnungen, die Möglichkeiten der Technik und die Abwechslung, die es dem Mediziner angetan haben. „Bloß keine Monotonie, das kann ich nicht.“
Während seiner Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin kam das Umdenken als er in einer radiologischen Praxis arbeitete. „Nach ein paar Tagen ist mir bewusst geworden: ‚Du bist die ganze Zeit an den Patienten und hast quasi operative Eingriffe vorgenommen'“, erinnert sich Dr. Nitzsche. In der Realität war nichts geblieben vom einsamen Arbeiten an Geräten irgendwo im Klinikkeller.
Weder verstaubt noch dunkel sind auch die aktuellen Arbeitsplätze von Dr. Nitzsche: die radiologischen Abteilungen des Dominikus-Krankenhauses in Reinickendorf und der Maria Heimsuchung Caritas-Klinik Pankow. Auch das dort ansässige Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) leitet er mittlerweile.
Zwischen hochmodernen Geräten in lichtdurchfluteten Räumen erläutert er die Vorzüge seines Fachs. Er redet schnell, gestikuliert mit den Händen und wippt mit dem Oberkörper. Still an einer Stelle stehen liegt ihm nicht, wenn es um seine große Liebe geht.
Ein guter Radiologe müsse sehr kommunikativ sein, betont der Chefarzt. Um einen zügigen Befund zu stellen, sei ein intensives Patientengespräch wesentlich. „Wenn die Aufnahme nach einer Lungenentzündung aussieht, der Patient vor mir aber einen völlig gesunden Eindruck macht, ist klar: Der kann keine Lungenentzündung haben“, gibt Dr. Nitzsche zu bedenken, „also müssen wir Lebensumstände, Vorerkrankungen und ähnliches erfragen, um zu einem richtigen Befund zu kommen. Und interdisziplinär denken, wir sind auch Partner der Stationen“.
Einen qualifizierten, fundierten und schnellen Befund zu stellen, ist dem Radiologen wichtig. „Wenn jemand beispielsweise wegen eines Tumorverdachts zu uns kommt, ist derjenige in Angst und Unruhe vom Tag des Verdachts durch den überweisenden Kollegen bis zum Befund. Da haben wir dem Patienten gegenüber auch eine Verantwortung zu einem zügigen und eindeutigen Ergebnis zu kommen.“
Technische Möglichkeiten, neueste Operationsmethoden und die fortschreitende Digitalisierung im Krankenhaus üben eine enorme Faszination auf Dr. Nitzsche aus. Sich selbst bezeichnet er als „Technikfreak“, sowohl im Beruf als auch privat. Das müsse man in gewisser Weise in dieser Fachrichtung auch sein, gibt er zu. „Aber es geht hier um Menschen! Das wird in der Medizin zwischen all dem Kostendruck leider viel zu häufig verdrängt.“
Das Menschliche ist für den Chefarzt nicht nur gegenüber Patienten wichtig. „Ich brauche Harmonie und ein tolles Team. Das habe ich hier.“ Hierarchien spielen für ihn eine untergeordnete Rolle. Jeder muss sich auf den anderen verlassen können und dem Chef auch mal sagen, wenn es Anlass zur Kritik gibt. „Egal ob Hunger oder nicht, versuchen wir jeden Tag wenigstens zehn Minuten in der Cafeteria zusammenzusitzen, um mal privat zu reden.“ Ein freundschaftliches Umfeld sei Voraussetzung, um nach Feierabend abschalten zu können. „Zuhause möchte ich dann wirklich Zeit für die Familie haben.“
Mit dem weißen Kittel streift Dr. Nitzsche auch seine Unruhe ab. Privat sei er das komplette Gegenteil: „Meine Frau sagt öfter, sie könne sich gar nicht vorstellen, wie er auf der Arbeit immer nur wirbeln würde und ständig auf der Suche nach mehr und Neuem sei.“ Zuhause in Biesdorf liebt er die Ruhe in seinem Garten. „Wir sind viel draußen und fahren gerne Rad, allerdings nicht in Berlin. Das machen wir vor allem im Urlaub, zum Beispiel auf dem Elberadweg.“ Im Gegensatz zur Radiologie kann der Mediziner für die Großstadt keine rechte Leidenschaft entwickeln. „Das ist schwierig mit uns“, sagt der Vater von zwei erwachsenen Söhnen mit einem Augenzwinkern. Der gebürtige Mecklenburger ist nach seinem Studium in Greifswald nur des Arbeitsplatzes wegen Anfang der 1990er nach Berlin gekommen – und doch für seine medizinische Liebe geblieben.
Information: Die Caritas und ihre korporativen Mitglieder betreiben zwölf Krankenhäuser im Erzbistum Berlin. Im Rahmen dieser Gruppe, werden Ärtzeportraits erstellt, um einen persönlichen Einblick in die Arbeit und das Leben der Mitarbeiter dieser Krankenhäuser zu gewähren.
| 12.März 2017 | Autorin: Christina Bustorf | Ärzteportraits | Fotos: Ellen Paschiller
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